Turbulenzen in Sicht SRF Dienstag, 9. April 2013, 17:49 Uhr Anita Vonmont Ungemütliche Aussichten für Flugpassagiere: Wegen des Klimawandels könnten sich Turbulenzen auf Transatlantik-Flügen bis zur Mitte des Jahrhunderts verdoppeln. Auch dürfte es die Passagiere stärker durchschütteln als heute, prognostizieren britische Klimaforscher. Wer hat es nicht schon selbst erlebt? Hoch über den Wolken fällt das Flugzeug plötzlich in ein «Luftloch»; die Passagiere werden unsanft durchgeschüttelt. Luftlöcher gibt es aber nur im Volksmund: Tatsächlich treffen grosse Luftmassen unterschiedlich schnell und aus verschiedenen Richtungen aufeinander; sie reissen das Flugzeug auf und ab. Solche Turbulenzen kann es innerhalb von Wolken geben, doch oft kommen sie auch unsichtbar, hoch über den Wolken vor - dort, wo sogenannte Jetstreams fliessen, enorm starke Windbänder. Diese Jetstreams würden sich wegen des Klimawandels über dem Atlantik verstärken - und mit ihnen auch die Turbulenzen, schreiben Paul Williams und Manoj Joshi in der Online-Ausgabe des Fachblatts Nature Climate Change. Doppelt so oft und bis 40 Prozent stärker Die britischen Forscher haben die Klimasimulationen eines Supercomputers zu den Jetstreams analysiert und stellen nun eine eher ungemütliche Prognose: «Über dem Atlantik, wo täglich 600 Flugzeuge hin und her fliegen, erwarten wir, dass Turbulenzen um 40 bis 170 Prozent häufiger werden. Im Mittel könnte es eine Verdoppelung geben», sagt Paul Williams von der Universität Reading. Überdies sollen die Turbulenzen um 10 bis 40 Prozent stärker werden. Wird Fliegen künftig gefährlicher? Viele Flugpassagiere müssen in Zukunft also wohl häufiger angeschnallt bleiben. Als gefährlich schätzen Aviatik-Fachleute die prognostizierten verstärkten Turbulenzen aber nicht ein. Die Flugzeuge seien stark genug gebaut für eine solche zusätzliche Belastung, sagt etwa Redaktor Eugen Bürgler von der schweizerischen Fachzeitschrift Skynews.ch. Zu einer ernsthaften Gefahr für die Passagiere und das Flugpersonal sollten vermehrte Schüttelflüge also nicht werden. Doch völlig harmlos sind Turbulenzen schon heute nicht. Manche Passagiere verletzen sich, wenn es rumpelt. Auch Flug-Verspätungen oder Schäden an Flugzeugen wegen Turbulenzen führen Jahr für Jahr zu Schäden von rund 150 Millionen Franken. Retourkutsche durch den Klimawandel Wenn die britischen Klimaprognosen stimmen, dürften solche Probleme künftig klar zunehmen. Fliegen wird dann also nicht unbedingt dramatischer, aber mühsamer. Paul Williams weist auf eine gewisse Ironie dieser Entwicklung hin: «Der Flugverkehr hat mit seinen Abgasen seit Jahrzehnten zur Klimaveränderung beigetragen. Nun sieht es so aus, wie wenn das Klima zurückschlagen und den Flugverkehr erschweren würde.»